Kirche am Steinhof
Die Kirche am Steinhof (auch: Kirche zum heiligen Leopold) wurde von 1904 bis 1907 nach Entwürfen von Otto Wagner erbaut und gilt als eines der bedeutendsten Bauwerke des Wiener Jugendstils. Das römisch-katholische Kirchengebäude befindet sich auf dem Gelände des „Sozialmedizinischen Zentrums Baumgartner Höhe“ im 14. Wiener Gemeindebezirk Penzing.
Die Kirche zum „hl. Leopold“, besser bekannt als Kirche am Steinhof (oder auch Otto-Wagner-Kirche am Steinhof) entstand im Zuge der Errichtung der Niederösterreichischen Landes-Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Geisteskranke Am Steinhof von 1904 bis 1907. Der mit der Planung beauftragte Architekt Otto Wagner hatte dabei zu berücksichtigen, dass es sich um eine Anstaltskirche für psychisch kranke Patienten handelt, und eruierte in Gesprächen mit Ärzten und Pflegepersonal die speziellen Anforderungen an ein derartiges Bauwerk. Ein Arztzimmer, Toiletten und Notausgänge wurden eingeplant, die Kirchenstühle durften wegen Verletzungsgefahr keine scharfen Ecken haben. Wagner, dem bei seinen Projekten die hygienischen Aspekte stets ein großes Anliegen waren, entwarf statt eines gewöhnlichen Weihwasserbeckens eine Variante mit herabtropfendem Weihwasser, um die Gefahr von Infektionen zu verringern. Den Boden konzipierte er zum Altarraum hin abfallend, damit die Patienten in den hinteren Reihen besser nach vorne sehen konnten. Außerdem gab es nicht nur für das Pflegepersonal, sondern auch für männliche und weibliche Patienten separate Eingänge, da zur damaligen Zeit in Nervenheilanstalten Geschlechtertrennung vorgeschrieben war. Aus Geldmangel wurden allerdings der Kreuzweg, die Unterkirche für Protestanten und die Synagoge für Juden nicht mehr realisiert. Auch eine Heizung wurde nicht mehr installiert.
Die Kirche am Steinhof ist neben dem Secessionsgebäude eines der Hauptwerke des Jugendstils in Wien und weist gestalterische Parallelen zu der vom Otto-Wagner-Schüler Max Hegele entworfenen und 1910 fertiggestellten Friedhofskirche zum heiligen Karl Borromäus am Wiener Zentralfriedhof auf. Eines der markantesten Merkmale der Kirche ist die auf einem byzantinischen Motiv basierende goldene Kuppel, die von einer innen verkleideten Konstruktion getragen wird. Auf den Glockentürmen davor thronen im Westen der hl. Leopold als Patron Niederösterreichs und Wiens und im Osten der Prediger Severin. Die Figuren wurden von Richard Luksch geschaffen. Wie auch die Ausrichtung der Kirche nach Süden anstatt nach Osten stellte die Darstellung der Heiligen sitzend anstatt stehend einen Bruch dar.
Unter dem Gesims befindet sich eine Zierleiste mit Kreuzen und Lorbeerkränzen, die bei Otto Wagner-Bauten häufig eingearbeitet sind, wie z. B. auch bei der Postsparkasse oder den Gusseisengeländern der Stadtbahn. Über dem damals nur zu größeren Feierlichkeiten benutzten Haupteingang stehen vier von Othmar Schimkowitz geschaffene Engelsfiguren mit gesenktem Haupt zum Kirchenplatz. Bei einem Sturm war dem zweiten Engel von rechts der Kopf weggerissen und vom Hausmeister wieder angelötet worden, allerdings mit erhobenem Haupt. Dieser Umstand wurde bei der Sanierung behoben.
Die Anordnung der Bleiglasfenster wurde von Otto Wagner so konzipiert, dass der Kircheninnenraum bestmöglich mit Tageslicht durchflutet wird. Die Glasmosaikfenster im Tiffany-Stil wurden von Koloman Moser entworfen und von Leopold Forstner geschaffen. Das westliche Fenster mit dem Sinnspruch „Wahrlich sage ich euch. Was ihr einem dieser meinen geringsten Brüder getan habt das habt ihr mir getan“ zeigt dabei die leiblichen Tugenden. Die Engel über den Heiligenfiguren halten demütig das Grabtuch Jesu. Die Ministranten senken bei Betrachtung von unten nach oben das Haupt.
Das Altarbild Die Verheißung des Himmels sollte ursprünglich von Koloman Moser gestaltet werden. Bereits bei den Seitenfenstern war es zu Kritik und Einwänden von Prälat Heinrich Swoboda gekommen, der von der Kirche mit der Oberaufsicht betraut worden war. Als Moser jedoch am 1. Juli 1905 Ditha Mautner Markhof (1883–1969) heiratete und dafür zum Protestantismus konvertierte, wurde ihm der Auftrag trotz Fürsprache von Otto Wagner entzogen. Der zu diesem Zeitpunkt bereits parallel an dem Auftrag arbeitende Carl Ederer legte einen Entwurf vor, der jenem von Moser ähnlich war und in dieser Form auf Drängen Swobodas entstanden ist. Moser bezichtigte Ederer folglich des plagiierens, woraufhin dieser auf Drängen der anderen Mitglieder der Secession, aus der Moser bereits 1905 ausgetreten war, Klage einreichte. Der Prozess endete mit einem Vergleich und der Entschuldigung Mosers „mit dem Ausdruck lebhaftesten Bedauerns“ über die „Unkenntnis der Umstände“. Bei der Eröffnung der Kirche 1907 konnte somit lediglich der Entwurf von Ederer auf Karton ausgestellt werden. Im Einverständnis mit Moser und Wagner entstand 1910 ein neuerlicher Entwurf von Remigius Geyling, der den Auftrag aber wegen „fehlender Eignung“ 1911 ablegte. Die Ausführung des 84,8 m2 großen und vier Tonnen schweren Mosaiks erfolgte letztendlich durch Leopold Forstner.
Auf den Stufen der Kirche kniet der hl. Leopold und übergibt die Steinhofkirche. Die Figuren seitlich des Altarbilds stellen Paulus mit Schwert und Petrus mit Schlüssel dar. Der Altar wurde nach Entwürfen von Otto Wagner gefertigt. Die Mosaiken der Seitenaltäre stammen von Rudolf Jettmar. Das rechte zeigt die Verkündigung Marias, das linke den Erzengel Gabriel. Die Beichtstühle wurden von der Wiener Werkstätte gefertigt.
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